Die vier Figuren des Kunstwerkes "Moislinger Gesellschaft" von Bettina Thierig vor dem Holstentor.

Die TRAVE 
als Sanierungsträger

Wir machen Lübeck noch lebenswerter

Die Grundstücks-Gesellschaft  TRAVE ist seit 1981 der treuhänderische Sanierungsträger der Hansestadt Lübeck und betreut die Programme der Städtebauförderung, an denen Lübeck teilnimmt. Zusätzlich verwalten wir die entsprechenden Fördermittel und die eigenen Grundstücke der Stadt, die in den Sanierungsgebieten liegen. Damit sind wir langjähriger Dienstleister für die Städtebauförderung im Auftrag der Stadt. Aber was bedeutet das genau in der täglichen Praxis? Das ist sicher nicht ganz einfach zu durchschauen für alle, die nicht beruflich damit zu tun haben. Wir wollen mit dem folgenden Text versuchen, Ihnen einen Einblick in die komplexen Aufgaben eines Sanierungsträgers zu geben.

Wie kommen neue Gebiete in die Städtebauförderung?

Die Städtebauförderung in Deutschland kennt verschiedene Programme, mit denen seit den frühen 1970er-Jahren bundesweit Stadtteile und Quartiere baulich erneuert, verbessert und weiterentwickelt werden. Lübeck profitiert seit über 50 Jahren davon, insbesondere bei der Erhaltung und Sanierung der historischen Altstadt. Die Bundesländer fordern regelmäßig ihre Städte und Gemeinden auf, neue Gebiete oder einzelne Bauvorhaben für die Städtebauförderung anzumelden und damit von einer Mitfinanzierung durch Bund und Länder zu profitieren. Die Stadtplanung der Hansestadt Lübeck ermittelt dann mögliche Quartiere und Flächen, die verbessert, revitalisiert oder entwickelt werden sollen. Sie schlägt diese dem Innenministerium (MIKWS) des Landes vor. Neben der Altstadt waren das im Förderprogramm »Soziale Stadt« bisher Teile von St. Lorenz, Buntekuh und aktuell Moisling. Nach Zustimmung des Landes werden sogenannte vorbereitende Untersuchungen eingeleitet. Sie folgen einem festen Schema nach dem Baugesetzbuch, da sie für Grundstückseigentümer im Untersuchungsgebiet erste Einschränkungen verursachen. Die Voruntersuchungen schließen mit einem Bericht, der der Stadtplanung und der politischen Selbstverwaltung (in Lübeck die Bürgerschaft und ihre Ausschüsse) Empfehlungen zu einer förmlichen Festlegung als Sanierungsgebiet gibt. Erst nach einem positiven Beschluss wird mit Unterstützung eines Planungsbüros ein integriertes städtebauliches Gesamtkonzept mit konkreten Entwicklungszielen (ISEK) und auch schon mit wichtigen Schlüsselprojekten erarbeitet. Sobald auch dieses durch die Bürgerschaft bestätigt ist, kann die TRAVE als Sanierungs-träger beauftragt und im Gebiet tätig werden. Im ISEK werden alle geplanten Maßnahmen benannt und die Umsetzungsmöglichkeiten sowie die Kosten und der Fördermitteleinsatz bewertet. Die ISEKs können auf der Internetseite der Hansestadt Lübeck eingesehen werden.

Was passiert konkret in den festgelegten Sanierungsgebieten?

In der Regel erfordern die städtebauliche Sanierung und Entwicklung umfassende Maßnahmen und beschränken sich nicht auf einzelne Gebäude. Das Baugesetzbuch kennt eine Reihe von Instrumenten, die in den Sanierungsgebieten angewendet werden können, um die gewünschten Ziele zu erreichen. So gibt es zum Beispiel Ordnungsmaßnahmen (§ 147 BauGB). Sie sollen, wie der Name sagt, »Ordnung schaffen«. In Lübeck ist das zum Beispiel häufig der Abbruch von maroder, störender Bausubstanz in Innenhöfen der Altstadt zur Herstellung von Freiflächen. Daneben werden auch bestehende Grundstückszuschnitte geändert oder Platz für neue Gebäude oder Nutzungen geschaffen. Dies ist beispielweise in Moisling der Fall, wo in der Neuen Mitte ein Stadtteilplatz entstehen soll. Mindestens so wichtig wie die Ordnungsmaßnahmen sind die Baumaßnahmen (§ 148 BauGB). Dazu gehören die Sanierung von Gebäuden, Neu- und Ersatzbauten zum Wohnen und für Betriebe und die Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen (GBF). Letzteres sind zum Beispiel Kindertagesstätten und Nachbarschaftstreffs. In der Lübecker Altstadt gehörte auch die Sanierung des Hafenschuppens 6 dazu, der heute für Veranstaltungen aller Art genutzt wird. Als weitere Gruppe gibt es noch die Erschließungsmaßnahmen, zu denen zum Beispiel die Herstellung von Grünflächen und Spielplätzen, Straßenräumen oder Plätzen gehört. 

Aufgabe der TRAVE - Koordination aller Maßnahmen in den Sanierungsgebieten

Die TRAVE koordiniert als treuhändischer Sanierungsträger alle Maßnahmen in den städtischen Sanierungsgebieten, wie etwa den Umbau und die Sanierung von Gebäuden, die Verbesserung  der Infrastruktur oder die Neuanlage von öffentlichen Räumen. Die konkreten Tätigkeiten reichen von der Organisation eines städtebaulichen Wettbewerbs, über die Bauherrenvertretung für die Stadt bis hin zu Gesprächen mit privaten Bauherren über deren Sanierungsprojekte. In fast allen Fällen handelt es sich dabei um Maßnahmen, bei denen zur Finanzierung auch Mittel aus der Städtebauförderung eingesetzt werden sollen. In vielen Fällen in der Altstadt ist die TRAVE als Sanierungsträger auch selbst als Bauherr aufgetreten und hat angekaufte oder im Bestand der Stadt befindliche, meist denkmalgeschützte Gebäude selbst saniert. Diese Häuser wurden anschließend wieder privatisiert und so mit öffentlicher Unterstützung neuer Wohnraum in historischen Gemäuern für Mieter:innen oder Erwerber:innen geschaffen. 

Das liebe Geld - Finanzierung und Fördermittel in der Sanierung

Als Sanierungsträger ist die TRAVE auch verantwortlich für die Beantragung, Verwaltung und Auszahlung der für die Finanzierung erforderlichen Städtebauförderungsmittel. Im Regelfall kommen diese Mittel zu je einem Drittel vom Bund, vom Land Schleswig-Holstein und von der Stadt Lübeck. Sie werden einmal im Jahr auf der Basis des Maßnahmenprogrammes nach den berechneten Kosten und den Einnahmen beantragt, die aus anderen Quellen erwartet werden.

Die Städtebauförderungsmittel fließen zum einen in die Ordnungsmaßnahmen, deren Kosten oft fast ausschließlich auf diese Weise finanziert werden. Zum anderen werden mit den Geldern die Bau- und Erschließungsmaßnahmen und auch die GBF bezahlt, deren spätere Einnahmen die Herstellungskosten nicht decken. Aber auch Bau- oder Sanierungsmaßnahmen  privater Bauherren können mit zinsvergünstigten Darlehen oder Zuschüssen unterstützt werden. Als Sanierungsträger müssen wir vorab die Förderungsfähigkeit aller Maßnahmen überprüfen. Dabei orientieren wir uns an den Städtebauförderungsrichtlinien des Landes Schleswig-Holstein, die viele Regeln vorgeben. Ein Rechtsanspruch auf eine Förderung besteht nicht.

Monitoring und Evaluation

Wie bei allem, was Geld kostet, gehört es auch zu den Aufgaben zu überwachen, wie weit das finanzielle Budget schon ausgeschöpft ist, was noch an Mitteln da ist und ob alles auch dem geförderten Verwendungszweck entspricht. Die TRAVE überwacht den Fortschritt der Maßnahmen und beurteilt deren Erfolg im Hinblick auf die gesetzten Ziele. Laufend prüfen, buchen und zahlen wir Rechnungen und fordern neue Fördermittel beim Land an. Nach Abschluss der Maßnahmen erstellen wir dann einen Bericht über die baulichen und die sonstigen Tätigkeiten und darüber, wie weit die städtebaulichen Sanierungsziele damit tatsächlich erreicht werden konnten.

Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren

Wir arbeiten eng mit der Verwaltung der Stadt Lübeck, mit Eigentümer:innen, Investoren und mit Interessengruppen zusammen, um eine breite Akzeptanz und Unterstützung für die Konzepte und Projekte zu erreichen. Bei vielen Maßnahmen der Städtebauförderung ist auch eine Beteiligung der Öffentlichkeit vorgesehen. Diese sichern wir durch Beteiligungsverfahren oder mit dem Einsatz von Stadtteilbeiräten, wie zum Beispiel in Moisling. In regelmäßigen Abständen berichten wir den verschiedenen beteiligten Gremien, es gibt monatliche Koordinationsgespräche zum Stand der Projekte zwischen der TRAVE und der Stadt Lübeck, insbesondere mit dem Fachbereich 5, also der Stadtplanung. Und dazu gibt es viele Gespräche mit anderen Beteiligten, wie Architekturbüros und Handwerksunternehmen, aber auch mit den betroffenen Anwohner:innen. Kommunikation ist bei allem, was wir tun, genauso wichtig wie Geld.

Sanierung auf der Altstadtinsel

Die Lübecker Altstadtinsel ist auf einer Fläche von knapp 100 Hektar ein einzigartig erhaltenes Zeugnis der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und baulichen Entwicklung einer nordeuropäi-schen Hansestadt über fast ein ganzes Jahrtau-send. Von den rund 5.800 Gebäuden in der Lübecker Altstadt sind fast drei Viertel historisch wertvoll. Gotik, Barock, Renaissance, Klassizismus – die meisten Gebäude wurden über die Jahrhunder-te mehrfach umgenutzt und umgebaut und sind daher nur selten einer einzigen Stilrichtung zuzuordnen. Diese Vielfalt macht die Lübecker Altstadt so reizvoll – für alle, die hier wohnen, zu Besuch sind oder die Baugeschichte erforschen.

Die britischen Bombenangriffe im 2. Weltkrieg ab 1942 sowie  das Leitbild der autogerechten Stadt in den beiden Jahrzehnten danach hatten zu unwiederbringlichen Verlusten an wertvoller Bausubstanz geführt, vor allem in der westlichen Altstadt. Erst Anfang der 1970er-Jahre setzte ein Bewusstseinswandel zugunsten einer flächenhaften Erhaltung der historischen Lübecker Altstadt ein. Schon ein Jahr nach Inkrafttreten des Städtebauförderungsgesetzes wurden in Lübeck 1972 die ersten drei Sanierungsgebiete ausgewiesen. An die Stelle der ganze Blöcke umfassenden Flächensanierung, was nicht selten den Abriss bedeutete, trat nun die behutsame In-standsetzung, Modernisierung und Erneuerung der meist über Jahrhunderte durchgängig genutzten Häuser und öffentlichen Räume. Dabei mussten die auf den ersten Blick widersprüchlichen Funktionen der Altstadt sowohl als Wohnquartier als auch als oberzentrales Verwaltungs- und Einkaufszentrum für die Stadtregion Lübeck in Einklang gebracht werden.

2020 wurden die letzten Sanierungsgebiete in der Lübecker Altstadt aus ihrem Status entlassen. Unter Einsatz von rund 110 Millionen Euro, die Bund, Land und Stadt für konkrete bauliche und ordnende Maßnahmen bereitstellten, konnten unter Betreuung der TRAVE Hunderte Gebäude saniert, modernisiert und denkmalgerecht wiederhergestellt werden. In weiten Teilen erstrahlt die Lübecker Altstadt nach mehr als 50 Jahren sachgerechter und weitsichtiger Sanierung wieder als ein lebendiges Kleinod europäischer Stadtgeschichte. Dies ist neben der Städtebauförderung nicht zuletzt den zahllosen privaten Eigentümern zu verdanken, die sich mit viel Engagement und Geld an der Altstadtsanierung beteiligt haben. 1987 wurden große Teile der Lübecker Altstadt in die Weltkulturerbeliste der UNESCO aufgenommen, eine besondere Verantwortung für die Hansestadt Lübeck und ihre Bürgerinnen und Bürger.

Das weitere Engagement für die Lübecker Altstadt

Es ist in Lübeck gelungen, die Funktionen Wohnen, Dienstleistung, Kultur und Handel verträglich auf einem relativ engen Stadtraum gleichberechtigt zu erhalten und sogar zu stärken. In der räumlichen Verbindung zwischen erlebbarer Bau- und Stadtgeschichte und modernem Leben liegt auch der besondere Reiz der Lübecker Altstadt. Den schätzen besonders die heute rund 13.500 Einwohner:innen, deren Zahl seit einigen Jahren wieder stabil ist. 

Städtebaulicher Denkmalschutz – Altstadt« (SDS): So heißt das aktuelle Programmgebiet für neue Teile der Lübecker Altstadt. Es umfasst größere Bereiche der südöstlichen Altstadt und schließt das Rathaus und den Bereich um die Marienkirche mit ein. Mit frischen Städtebauförderungsmitteln werden hier zum Beispiel die behutsame Sanierung des Rathauses begleitet sowie in Kürze die Volkshochschule in der Hüxstraße modernisiert. Auch der geplante Rückbau eines Hochbunkers in der Dr.-Julius-Leber-Straße gehört dazu. Das Programm »Städtebaulicher Denkmalschutz – Altstadt« kann hier heruntergeladen werden.

Moisling - Wachstum und nachhaltige Erneuerung eines Stadtteils im Lübecker Süden

Wachstum und nachhaltige Erneuerung« ist der neue Name des Städtebauförderungsprogramms, das vorher »Soziale Stadt« hieß und seit einigen Jahren in Moisling genutzt wird, um den Stadtteil zu revitalisieren. Bereits seit 2017 sind wir als Sanierungsträger dabei, hier zur Verbesserung der baulichen und sozialen Infrastruktur beizutragen. Die Grün- und Freianlagen »Auf der Kuppe«, im Rotkäppchenweg und im Wilhelm-Waterstrat-Weg konnten bereits erneuert, verschönert und mit Spielplätzen bereichert werden. Auch im Freibad Moisling haben Fördermittel geholfen, das Freizeitangebot für Kinder zu verbessern. Die Schaffung der »Neuen Mitte Moisling« ist nun das nächste zentrale Anliegen. Unweit des neuen Bahnhaltepunktes soll eine lebendige Mitte für Moisling entstehen, in deren Zentrum ein Stadtteilplatz und ein Stadtteilhaus in Zukunft Treffpunkte für alle hier Wohnenden sein werden.
Vorbereitende Maßnahmen dafür sind in vollem Gange. Neben der planerischen Grundlage im ISEK wurden bereits drei Gebäude – die Wohnhäuser Hasselbreite 1 und Kiwittredder 20–24 und der alte Penny-Markt im Moislinger Mühlenweg – im Rahmen von Ordnungsmaßnahmen abgebrochen. Die geplante Neubebauung der frei gewordenen Grundstücke übernehmen wir für die Stadt als Bauherrenvertreter. Außerdem begleiten wir den Architekturwettbewerb und den Neubau der Kita Eulenspiegelweg für die Frühen Hilfen sowie den Bau eines Einzelhandelsmarktes mit Wohnungen darauf für einen privaten Investor. Bis Ende dieses Jahrzehnts soll der Umbau in Moisling erfolgreich abgeschlossen sein. 

Merkliste